Direkt zum Inhalt
schmallenberg.txt

Agentur

Widerruf von Immobiliendarlehen: BGH-Entscheidung zur Verwirkung des Widerrufsrechts bleibt aus (XI ZR 154/14)


23. Juni 2015, 14:43
PRESSEMITTEILUNG/PRESS RELEASE

Kann ein vorzeitig abgelöstes Darlehen noch widerrufen werden oder ist das Widerrufsrecht verwirkt? Mit dieser Frage sollte sich der Bundesgerichtshof am 23. Juni befassen. Eine Antwort wird es vorerst nicht geben, weil die Kläger die Revision kurzfristig zurückgezogen haben (XI ZR 154/14).

Viele Verbraucher und Verbraucherschützer hatten ein höchstrichterliches Urteil zur Verwirkung des Widerrufsrechts mit Spannung erwartet. „Es ist bedauerlich, dass es dazu nun vorerst nicht kommen wird. Das heißt aber nicht, dass ein Widerruf eines vorzeitig abgelösten Darlehens nach einer Widerrufsbelehrung nicht möglich ist“, sagt der Berliner Rechtsanwalt Dr. Philipp Schön von der bundesweit tätigen Wirtschaftskanzlei ROSE & PARTNER LLP.

Zum Fall: Die Kläger hatten verschiedene Darlehensverträge unter Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung vorzeitig abgelöst und die Verträge noch nachträglich widerrufen, weil die Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung verwendet hatte. Die Bank lehnte den Widerruf ab. Die Klagen der Kreditnehmer vor dem Landgericht Hamburg und dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg blieben erfolglos. Das OLG Hamburg erkannte zwar Fehler in der Widerrufsbelehrung. Insofern sei der Widerruf auch berechtigt. Allerdings sei das Widerrufsrecht verwirkt. Die fehlerhafte Widerrufsbelehrung sei nicht geeignet gewesen, den Kreditnehmer von einem Widerruf abzuhalten. Rechtsanwalt Dr. Schön: „Voraussetzung für eine Verwirkung des Widerrufsrechts ist, dass das Zeitmoment und Umstandsmoment eingetreten sind. Dies war nach Auffassung des OLG Hamburg hier der Fall. Denn zum einen hätten zwischen Vertragsschluss und Widerruf fast fünf Jahre und zwischen der vorzeitigen Abwicklung des Darlehens und dem Widerruf drei Jahre gelegen. Zum anderen habe die Bank nach so langer Zeit davon ausgehen dürfen, dass kein Widerruf mehr zu erwarten sei. (Az.:13 U 71/13)

Daraufhin legten die Kläger Revision ein. Doch wenige Tage vor der geplanten Verhandlung am BGH zogen sie die Revision zurück. „Das kam für viele überraschend und über die Gründe kann nur spekuliert werden. Mangelnde Erfolgsaussichten dürften es aber nicht gewesen sein. Möglicherweise haben sich Kläger und Bank außergerichtlich geeinigt“, so Dr. Schön. Auch das Handelsblatt berichtet am 22. Juni von einer Einigung zwischen den beiden Parteien. Über die Inhalte sei allerdings Stillschweigen vereinbart worden.

„Für die Banken stand viel auf dem Spiel. Denn hätte der BGH ein Grundsatzurteil zu Ungunsten der Bank gefällt, hätten sie ihr wichtigstes Argument in Sachen Widerruf verloren – die Verwirkung des Widerrufsrechts“, erklärt Dr. Schön. Dass es nun zu keinem Grundsatzurteil gekommen sei, bedeute allerdings nicht, dass der Widerruf von Darlehensverträgen nicht möglich sei. „Grundsätzlich ist der Widerruf möglich, wenn der Verbraucher eine fehlerhafte Widerrufsbekehrung erhalten hat, weil dann die Widerrufsfrist nie in Gang gesetzt wurde. Auch bei vorzeitig abgelösten Darlehen besteht diese Möglichkeit weiterhin. Verbraucher sollten sich nicht davon abhalten lassen, ihr Widerrufsrecht auszuüben“, empfiehlt Dr. Schön.

Mehr Informationen zum Widerruf von Immobiliendarlehen: http://www.rosepartner.de/rechtsberatung/immobilienrecht/widerruf-immob…

Dr. Philipp Schön
Rechtsanwalt
Finanzierung, Aufsichtsrecht, Immobilien

ROSE & PARTNER LLP.
Anna-Louisa-Karsch-Str. 9
10178 Berlin

Tel: 030 / 25 76 17 98-0
@email

Kontakt